Sauerlandumrundung mit dem TT-Bike – 354 km und 4.400 hm
„Bad ideas make the best memories.“ Die Idee einer Sauerlandumrundung existiert in meinem Kopf schon sehr lange, doch ehrlich gesagt, waren mir deutlich über 300 Kilometer immer zu lang, um sie an einem Tag mit dem Rad abzufahren. Mein Projekt „Sauerlandliedtour“, bei der alle Orte angefahren werden, die in dem Sauerlandlied von ZOFF vorkommen, war schon eine große Herausforderung. Diese um die 250 km lange Tour bestritten wir vom Iserlohner Tri Team in der Vergangenheit einmal im Jahr. Doch der Mallorca312, bei dem ich im Jahr 2018 teilgenommen habe, ließ mich zum ersten mal die Schallmauer der 300 Kilometer durchbrechen. Und damals habe ich gesagt: Coole Aktion, aber nochmal muss ich so etwas auch nicht machen.
Tja, wie das eben so ist: Schneller, höher, weiter. Oder besser gesagt: Länger, noch länger, noch noch länger. Den letzten Anschub zur Realisierung meines Plans gab mir die Strava-Aufzeichnung von Boris Stein, der vor ca. einem Monat seine Heimat, den Westerwald, umrundet hat. Das waren 347 km und 2.656 hm. Also begab ich mich an die Planung der Route über AllTrails und steckte die Route einmal rund um das Sauerland ab. 354 Kilometer und 4.400 Höhenmeter. Nach kurzer Berechnung stellte sich heraus, dass ich sehr früh würde losfahren müssen, um vor Einbruch der Dunkelheit wieder zuhause zu sein. Ein super Supporter war mir mit Uli auch sicher. Mein Vereinskollege, den ich für diese Tour etwas überzeugen musste, sagte kurz vorher leider doch noch ab. Aber der Plan stand und der Feiertag am 21.05.2020 versprach bestes Wetter.
Ich wollte früh ins Bett gehen, um für den großen Tag – es fühlte sich an wie Raceday – fit zu sein. Mal eben noch die Tour auf den Radcomputer ziehen. Was eigentlich immer problemlos klappt, brachte mich an diesem Abend fast um meinen Verstand. Die Route ließ sich nicht über die App auf meinen Radcomputer übertragen. Was tun? Auch bei Ulis Gerät versagte die Technik und ich fragte mich, ob das jetzt ein Zeichen ist, das Vorhaben zu begraben oder ob es an meinem schlechten Karma liegt. Dann kam mir noch die Idee, die Route über einen anderen Routenplaner (STRAVA) zu planen und diesen GPX-file versuchen zu laden. Erleichterung!!! Es klappte. Mit deutlicher Verspätung begab ich mich endlich zur Nachtruhe.
Um 6 Uhr fuhr ich los. Es war schon relativ warm und die Natur erwachte. Einfach herrlich! Uli packte noch das Support-Auto mit der Verpflegung und meinem Rennrad (für den Fall eines Defektes) und dann wollte er mich auf meiner Route einholen. Erstmal machte ich mir keine Gedanken, dass Uli nicht kam. Ich genoss die Natur und freute mich, dass meine Beine sich frisch anfühlten und der Po nicht wehtat. Doch so langsam leerten sich meine Flaschen und Nachschub wäre bald hilfreich. Mmmmh. Ich dachte noch so scherzhaft, vielleicht ist das Auto nicht angesprungen. Dies ist uns ja schon einmal vor einem wichtigen Event passiert. Bei Km 95 überholte mich Uli dann endlich und wirkte etwas gestresst. Und tatsächlich! Unser Auto war nicht angesprungen. Diesmal war es aber Selbstverschulden, denn die Getränkekühlung sog ohne ein Einschalten der Batterieschutzschaltung die Auto-Batterie über Nacht leer. Also musste der ADAC ran, morgens in aller Früh, wo normale Menschen noch schlafen. „Best memories“ eben!!!
Wir hatten neben kleineren Stopps, um Getränke aufzufüllen, eine große Pause eingeplant, bei der ich mich gut verpflege und anständig esse. Nach ca. 212 Kilometern bot sich dafür der Rhein-Weser-Turm an. Die höchsten Punkte der Tour waren abgefahren und dem Höhenprofil nach zu urteilen, kamen noch einige Wellen und die Distanz mit 140 Kilometern war überschaubar. Nachdem ich mir ein frisches Radset angezogen hatte, legte ich die Beine hoch und genoss unser CousCous mit Nüssen und Trockenfrüchten, frische Erdbeeren und ein paar Milchbrötchen. Nach der Pause ging es erstmal bergab, bevor die nächsten Anstiege auf mich warteten. Nun spürte ich eine leichte Ermüdung. Je steiler der Anstieg, desto mehr hatte ich zu kämpfen. Wenn ich mich sonst über eine profilierte Strecke freue, wurden die Berge nun zu meinem Gegner. Doch ich lag bisher sehr gut in der Zeit. Mit einem 29,5er Schnitt hätte ich nicht gerechnet bei der Länge der Tour. Seit einiger Zeit war ich wieder im bekannten Terrain und ich wusste, dass mir noch ein kurzer, giftiger Anstieg droht. Aus dem Volmetal ging es kurz vor Hagen hoch über die Staplackstraße nach Milchenbach. Autsch! Dieser Anstieg tat weh. Immer im Wechsel von Wiegetritt zu Schlangenlinien kämpfte ich mich hinauf. Dann folgten noch zwei weitere Anstiege, bevor ich endlich nach 12:00:49 Stunden Fahrtzeit diese groooße Runde schloss. Zum Glück habe ich meinen Radcomputer während der Pause im Auto etwas aufladen können. Die Akkuanzeige betrug dort nur noch 40%. Ich weiß nicht, ob es bis zum Ende gereicht hätte. Zum Glück ist das gut gegangen, denn „if it’s not on Strava, it didn’t happen!“
Auf einem frisch abgemähten Feld vor Iserlohn klang meine bisher längste Radtour bei den letzten wärmenden Sonnenstrahlen des Tages aus. Fazit: den Tag perfekt ausgenutzt! 🙂