AZOREN-Triathlon – Platz 1 und ein Triathlon-Erlebnis der besonderen Art
„Wo liegen denn die Azoren? Ich kenne nur das Azorenhoch aus dem Wetterbericht.“ war die häufigste Reaktion, wenn ich von meinem Abenteuer, dem Azoren-Triathlon, berichtete. Zugegebenermaßen musste ich mir auch noch mal auf Google Maps anschauen, wo die Azoren liegen und dass die Inselgruppe zu Portugal gehört und ein ozeanisch-subtropisches Klima hat, hätte ich nur mit dem 50:50-Joker beantworten können. Um so spannender, mal wieder an einen Ort zu reisen, an dem man noch nie zuvor war und nicht zu wissen, was einen erwarten wird.
Von der Triathlon-Mitteldistanz auf der kleinen Insel Terceira erfuhr ich vor ein paar Jahren über Facebook. Zwischenzeitlich war das Rennen wieder aus meinem Fokus gerückt, doch eine Reisedokumentation im TV brachte die Azoren und das Rennen zurück in mein Gedächtnis und schnell fand es einen festen Platz in meiner Wettkampfplanung 2022. Der Trip sollte eine Kombination aus zwei Rennen (Azoren-Triathlon & IRONMAN 70.3 Marbella) und einem zwischenzeitlichen Trainingsaufenthalt in der Sierra Nevada werden. Mit meiner PRO-Kollegin Melanie Baumann aus der Schweiz fand ich schnell eine begeisterte Reisepartnerin. Die Azoren erreicht man gut mit TAP Air Portugal über das Drehkreuz Lissabon, wo ich mich mit Mel traf und wir gemeinsam weiterfolgen nach Terceira. Wir kamen sehr spät, kurz vor Mitternacht auf dem kleinen Flughafen an. Die erste Brise, die mir um die Nase wehte war: Landwirtschaft. Es roch nach Kuh und Weideland. Ich war gespannt auf den ersten Tag!
Der Wetterbericht versprach nichts Gutes. Regen. Viel Regen. Wind, Sturm. Doch auf meinem Plan stand: Rad, Besichtigung der Wettkampfstrecke. Das morgendlich Schwimmtraining in der Bucht von Praia da Vitoria war schon nicht wirklich angenehm. Hohe Wellen, starker Wind und ein grauer Himmel sind nicht die besten Voraussetzungen für ein Freiwasserschwimmen in unbekanntem Gebiet. Das Radfahren versprach nicht viel angenehmer, geschweige denn trockener zu werden. Doch ich hatte ja meine Regenjacke und die Armlinge eingepackt und ich meinte einen Lichtblick am Himmel gesehen zu haben, also machte ich mich auf den Weg. Es geht einige Höhenmeter aufwärts und je höher ich fuhr, desto stärker wurde der Nebel und die Feuchtigkeit. Eigentlich war es nicht wirklich eine Wettkampfstreckenbesichtigung, denn ich sah einfach nichts in dem Nebel. Noch nicht einmal die tausend Kühe, an deren Weiden ich vorbeifuhr. Als ich weit genug von meinem Startpunkt entfernt war, um bei einsetzendem Starkregen mit überfluteten Straßen und Sturmböen vorzeitig zurück zu fahren, prasselte genau dieser auf mich herab. Was für ein Willkommensgeschenk. Danke. Doch in der letzten halben Stunde meiner Fahrt klarte plötzlich der Himmel auf und die ganze Schönheit dieser einzigartigen Natur der Insel gab sich meinen Blicke preis. Ich war überwältigt von den satten Grüntönen, dem strahlenden Blau des Himmel, getupft mit weißen Wolken, die ein Schattenspiel auf die sanften mit Kühen gespickten Hügeln zauberten. Trotz eines total verdreckten Rads war ich mit mir wieder im Reinen. Gut, dass ich losgefahren war. Die Begegnung mit einer ganzen Kuhherde auf der Fahrbahn war das i-Tüpfelchen meiner ersten Ausfahrt. Das Abenteuer Azoren hat begonnen!
An den darauf folgenden Tagen war das Wetter herrlich. Auch für den Wettkampftag sollte es perfekt werden. Als alter Hase im Triathlon-Zirkus schwänzt man ja mittlerweile die ein oder andere Pasta-Party, um den tot gekochten Nudeln mit gestreckter Tomatensauce zu entkommen, doch dies sollte man tunlichst vermeiden, wenn man beim Azoren-Triathlon ist!!! Die Pasta-Party ist ein MUSS: Eingedeckte Tische, freundliche Bedienungen und ein hochkarätiges Buffet laden zu einem netten Abend unter Gleichgesinnten ein (liebe Grüße an unsere neuen Freunde aus Lissabon!) Ach, was haben wir diesen Abend genossen.
Raceday. Der Azoren-Triathlon ist ein verhältnismäßig kleines Rennen, was es für die Athleten sehr angenehm macht. Kein Stress in der Wechselzone, freie Fahrt auf den Straßen und das Gefühl, jeden der Teilnehmer persönlich zu kennen. Das Schwimmen ist ein Punkt-zu-Punkt-Kurs, der von der einen Seite zur Bucht auf die andere Seite führt. Man muss einfach nur geradeaus schwimmen. An Position 2 kam ich aus dem Wasser und machte mich auf die landschaftlich reizvolle Radstrecke. Schnell fuhr ich an Position 1 vor, die ich ab jetzt nicht wieder hergeben sollte. Das Radfahren machte richtig Spaß und war zeitgleich Sightseeing. Traumhafte Straßen mit den besten und niedlichsten Zuschauern am Wegesrand, die man sich vorstellen kann: Kühe! Die 90 km mit ca. 1200 Höhenmetern vergingen viel zu schnell. Der Laufkurs führte über 4 Runden überwiegend an der Promenade entlang. Nach 5:02:47 Std. erreichte ich als Erste das Ziel. Der Tag klang herzlich zusammen mit allen Teilnehmern bei der Siegerehrung aus.
Mein letzter Tag auf der Insel – ein Tag nach dem Rennen – stand nochmal ganz im Zeichen von Sightseeing. Da wir kein Auto hatten, blieb mir nichts anderes übrig, als mein Rad zu nehmen, um noch möglichst viel von Terceira zu sehen. Der Besuch in der Höhle „Algar do Carvao“ hat sich mehr als gelohnt. Der Westen der Insel mit seiner traumhaften Steilküste, erinnert sehr stark an den saftigen Norden Hawaiis. Doch Terceira mit Hawaii zu vergleichen, würde wie ein billiger Abklatsch klingen, doch das ist es auf keinen Fall. Terceira macht auf jeden Fall Lust auf mehr und ich hoffe, dass es nicht mein letzter Besuch auf den Azoren war.
Weiter ging es über einen Zwischenstopp in Lissabon nach Malaga. Von dort aus reiste ich mit dem Auto weiter nach Granada, um dort eine Woche lang trainierend die Gegend zu erkunden. Sierra Nevada, ich komme!